Geschichte der Inselkirche

1398 wird Langeoog erstmals urkundlich erwähnt. Ob die Insel zu dieser Zeit schon besiedelt war, ist nicht sicher. Frühe Siedlungsspuren, die im Laufe des letzten Jahrhunderts mehrfach in tieferen Schichten von einer Sturmflut für kurze Zeit freigelegt wurden, können auch aus noch älterer Zeit stammen, als der Meeresboden der Deutschen Bucht noch zum Festland gehörte. Gesicherte Kunde von einem kleinen Kirchdorf auf Langeoog haben wir erst aus der Zeit nach dem dreißigjährigen Krieg.

Die jeweiligen Regierungen waren vor allem aus zwei Gründen an den Inseln und einer stetigen Bewohnerschaft dort interessiert:

  • die seit der Jahrtausendwende fortschreitende Eindeichung der südlichen Nordseeküste brauchte die Inseln als vorgelagerte Wellenbrecher. Zur Sicherung der Inseln selbst aber gehörte die systematische Befestigung der Wanderdünen durch Helmpflanzung.

  • Die damals noch ansehnlichen Mengen an Strandgut dienten den Herrschenden zur Aufbesserung ihrer Staatsfinanzen. Dieser Anspruch ließ sich aber nur durchsetzen, wenn das Strandgut von eigenen Bürgern geborgen und an die zuständigen Stellen abgeliefert wurde. Was z.B. an ostfriesischen Stränden von vorbeifahrenden holländischen Fischern eingesammelt wurde, war für die Staatskasse in Aurich verloren.

Abgesehen von den Eigenanteilen am Bergelohn fristeten die Insulaner in diesen Jahrhunderten ihr kärgliches Leben mit einer bescheidenen Landwirtschaft auf der Wattseite der Insel. Anders als den Küstenbewohnern blieb ihnen das Meer als Existenzgrundlage weitgehend verschlossen: Fischfang oder Lotsendienst war den Insulanern nicht möglich, weil es wegen des flachen Wassers keinen Hafen auf der Insel gab. 1717 verheert die große Weihnachtsflut die gesamte Nordseeküste. Zehntausende kommen in den Fluten um, die sich nach der Zerstörung der damals noch recht niedrigen Deiche bis weit ins Land hinein ergießen. Auf Langeoog wird das kleine Dorf so schwer zerstört, dass die Menschen die Insel aufgeben müssen. Für eine Reihe von Jahren ist Langeoog nun völlig entvölkert. Die Neuansiedlung macht, nicht zuletzt wegen des häufigen Zerbrechens der Insel in drei Teile, große Mühe und zieht sich bis ins 19. Jahrhundert hin. Erst um 1850 hat sich das Leben auf Langeoog wieder soweit normalisiert, dass dem Kirchdorf erneut die Selbständigkeit von Esens zugesprochen werden kann. 1859 wird eine kleine Kirche eingeweiht. In den Sommermonaten werden erste Badegäste registriert.

1885 eröffnet das (evangelische) Kloster Loccum ein Hospiz auf Langeoog, um vor allem Pastoren, Lehrern und Offizieren eine Heilkur auf der Insel zu ermöglichen. 1890 wird im Blick auf den dadurch zunehmenden Tourismus eine neue größere Inselkirche gebaut. 1892 folgt der Bau einer Landungsbrücke für größere Fährschiffe. Seit 1895 gibt es wenigstens in den Sommermonaten einen Arzt auf der Insel. 1902 wird, ebenfalls auf Initiative des Klosters, mit der Pferdebahn vom Anleger zum Hospiz der direkte Vorläufer der Inselbahn eingerichtet. 1909 erhält die Insel durch den Bau des Wasserturms eine geregelte Trinkwasserversorgung sowie eine Kanalisation, ab 1923 auch Elektrizität. 1927 löst die Kommune das Kloster in der Verantwortung für die Kurverwaltung ab und baut die 1908 begonnenen Kuranwendungen weiter aus.

1932 beginnt mit der Eindeichung des Inseldorfes, dem ‚Schniederdamm', eine neue Entwicklungsphase: Das Feuchtgebiet im Westen (‚Flinthörn') wird trocken gelegt und zusammen mit dem Bau eines großen Hafenbeckens für einen Militärflugplatz hergerichtet. Das Inseldorf verändert in den folgenden Jahren mit der neuen Ideologie von Grund auf sein Gesicht; zahlreiche neue Straßenzüge entstehen, ganze Dünenketten werden abgetragen: die Urlaubsinsel wird zur Garnison. Das Ende des Kriegs bedeutet dann allerdings auch das Ende dieses Spuks. In die Leerstehenden Militärgebäude ziehen Flüchtlinge und Kurkinder ein, die von Wohlfahrtsorganisationen in großer Zahl zur Erholung von den Kriegsschäden auf die Insel geschickt werden. Damit beginnt Langeoogs endgültiger Start zum Nordseebad. Und wie so oft in solchen Fällen überholt der Letzte bald seine Vorläufer: Langeoog wird von der ärmsten und unterentwickeltsten zur größten unter den dörflichen InselnachbarInnen (abgesehen von den städtischen Staatsbädern Borkum und Norderney).


Im Unterschied zur teilweise hektischen Entwicklung des Inseldorfes ist die neuere Kirchengeschichte Langeoogs eher von Kontinuität geprägt. Die Inselpastoren Otto Harms (1894 - 1938), Heinrich v. Osten (1938 - 1977) und Klaus von Mering (1978 - 2001) steuern das Langeooger Kirchenschiff jeweils über mehrere Jahrzehnte durch den Wechsel der Zeiten. So kommt es zu einer gesunden Mischung von Tradition und Fortschritt.

Chronik

Januar:

  • Am 2.1. 1959 bittet Inselpastor Heinrich v.Osten die Kirchenleitung in Hannover, angesichts der schwierigen Finanzierung des Erweiterungsbaus der Inselkirche auf eine alte Tradition zurückgreifen zu dürfen: In den früheren Jahrhunderten wurde es den Verantwortlichen der Inselgemeinden hin und wieder gestattet, im näheren oder weiteren Umfeld am Festland für besondere Projekte Gottesdienstkollekten zu erbitten. Auf diese Weise wurden u.a. auch zwei frühere Kirchen auf Langeoog gefördert.Das Landeskirchenamt weist die Bitte v.Ostens allerdings mit einer kurzen Handbewegung ab. Dieses sei heutzutage „nicht mehr üblich“.

    Am gleichen Tag lehnt der Landkreis Wittmund einen Antrag auf ein günstiges Darlehen ab, da „die Kirche als juristische Person des öffentlichen Rechts .. nicht antragsberechtigt sei.

  • Am 4.1.1960 fordert Architekt Dr. Hans Eschebach die zuständige Lieferfirma in Iserlohn ultimativ auf, einen bereits seit Monaten reklamierten Mangel an der neuen elektrischen Heizung in der Inselkirche zu beheben. „Statt daß sie darum bemüht wären, den durch ihre fehlerhafte Wärmeverlustberechnung und falsche Dimensionierung der installierten (Nacht­spei­cher­öfen) entstandenen Schaden so schnell wie möglich zu beseitigen, versuchen Sie, diese Angelegenheit in die Länge zu ziehen, so daß die Kirchengemeinde bereits den 2. Winter in der eiskalten Kirche zubringen mußte“.

  • Am 13.1.1942, quittiert der Langeooger Bürgermeister: "Von der Kirchengemeinde Langeoog (aus der Kirche) wurden von uns für den Luftschutzkeller vier lange Bänke ausgeliehen. Wir verpflichten uns, diese Bänke der Kirchengemeinde im Bedarfsfalle wieder zuzustellen und für etwaigen Schaden Ersatz zu leisten.

  • Am 21. 1. 1959 reklamiert der Emder Architekt der Langeooger Kirchengemeinde, Dr. Hans Eschebach, die neue Nachtspeicherheizung der erweiterten Inselkirche bei der Energieversorgung. Auch „an verhältnismäßig milden Tagen“ träte durch Einschaltung der Öfen keine nennenswerte Erhöhung der Innentemperatur ein. Angesichts von ca. 8500,- DM Baukosten sei der Kirchenvorstand „sehr beunruhigt über das völlige Versagen“. Man möge sich vor Ort um das Problem kümmern.

  • Am 21.1. 1980 beschließt der Langeooger Kirchenvorstand den neuen Haushaltsplan der Gemeinde für das laufende Jahr, der nach Einnahmen und Ausgaben ein Volumen von 187 225,- DM umfaßt. Der wesentliche Teil der Mittel betrifft die Gehälter des Küsters und des Kirchenmusikers. Die Personalkosten für Pfarrer werden traditionell nicht über die Gemeindehaushalte, sondern direkt vom Landeskirchenamt in Hannover verwaltet.Außerdem wird in dieser Sitzung erstmals das Vorhaben der Inselgemeinde besprochen, auf dem Dünenfriedhof eine Kapelle zu bauen. Bürgermeisterin Dr. Heli Leiß hatte diese Idee anläßlich ihres Besuches beim Seniorennachmittag der Gemeinde ins Gespräch gebracht.Am 29. Juni dieses Jahres wird die Inselkirche 90 Jahre alt. Der Kirchenvorstand beschließt, diesen runden Kirchengeburtstag gebührend zu feiern.

  • Am 23. 1. 1898 beschließt der Langeooger Kirchenvorstand einen Antrag an das Konsistorium (Kirchenleitung), „der Gemeinde 20 neue Gesangbücher unentgeltlich zu überlassen.“ Auf Antrag des Vorsitzenden, Inselpastor Otto Harms, wird gleichzeitigt festgelegt, daß vom Sonntag Sexagesimae an nur noch dieses Gesangbuch im Gottesdienst gebraucht werden soll.Außerdem wird „die Frage der Krankenpflege ... eingehend behandelt, die Gründung einer Diakoniestation ins Auge gefaßt und der Vorsitzende beauftragt, die erforderlichen Schritte dazu sofort zu tun“.

  • Am 29.1. 1939 sind alle evangelischen Pfarrer von der Kirchenleitung angewiesen, „in den Gottesdiensten ... mit Dank und Fürbitte der nationalen Erhebung am 30. Januar 1933 zu gedenken, sowie der Vereinigung der österreichischen und sudetendeutschen Brüder mit dem III.Reich durch die Großtat des Führers“.In der katholischen Kirche lautet der verordnete Jubeltext: „Wir Katholiken freuen uns so aufrichtig wie jeder andere Volksgenosse, wenn unser Deutschland die letzten sechs Jahre innerlich zusammenwuchs und erstarkte, wenn es sich aus den unwürdigen Fesseln unverdienter Kriegsdiktate befreite, wenn im letzten Jahr zehn Millionen deutsche Brüder und Schwestern ins Großdeutsche Reich heimgeholt werden konnten“.

     

Februar:

  • Am 3.2.1873 beschließt der Langeooger Kirchenvorstand verschiedene Verbesserungen für den Schulunterricht: Vorstandsmitglied Hinrichs wird beauftragt, ein Brett mit Haken für die Mützen der Schulkinder und eine freistehende Schultafel zu beschaffen. Außerdem soll "der untere Teil des Katheders zu einem Schrank umgebaut" werden. Der neuen Regierungsverordnung zur Einführung von Handarbeit für Mädchen soll so nachgekommen werden, daß "wöchentlich nicht mehr als zwei Stunden erteilt werden". Der dafür "in Vorschlag gebrachten "Taetje Döring" werden hierfür "5 Silbergroschen zuerkannt".

  • Am 3.2.1944 stürzt eine über Wangerooge abgeschossene Fortress II zwischen Langeoog und dem Festland ins Watt. Fünf amerikanische Flieger werden gefangengenommen, einer ertrinkt.

  • Am 4.2. 1824 wird die Nordseeküste von einer schweren Sturmflut heimgessucht. Das Wasser erreicht teilweise die Höhe von 4 Metern über der normalen Fluthöhe. Viele Deiche werden zerstört und die Bauern, die zusätzlich zu ihren Vermögensverlusten auch noch für den Wiederaufbau der Deiche verantwortlich sind, verlassen mittellos Haus und Hof.

  • Am 4.2. 1979 steht Dr. Bruno Schaar mit einer Predigt über die Verklärungsgeschichte (Mt 17,1-9) zum letzten Mal auf der Kanzel der Inselkirche. Schaar lebte als pensionierter Ministerialdirektor auf Langeoog, sprang vorübergehend als Leiter des privaten Nordseegymnasiums ein und wurde Lektor, Prädikant und Kirchenvorsteher. In der Zeit des Übergangs von Inselpastor Heinrich v.Osten auf Klaus v.Mering versah er über Monate den gesamten pfarramtlichen Dienst auf Langeoog. Er starb am 9.11.1980 nach kurzer Krankheit.

  • Am 17.2. 1959 teilt Landessuperintendent Richard Siefken dem Langeooger Kirchenvorstand mit, eine Sprengelkollekte zur Finanzierung der Mehrkosten beim Ausbau der Inselkirche sei heute nicht mehr möglich, weil „die Landeskirche in übergroßem Maße Baubeihilfen und Zuschüsse gibt.“ In früheren Zeiten war den Inselgemeinden gelegentlich bei wichtigen Vorhaben eine solche „Bettelkollekte“ bei den reicheren Festlandsnachbarn genehmigt worden. Inselpastor Heinrich v.Osten war auf diese „historische“ Idee verfallen, weil alle seine Bemühungen um „Beihilfen und Zuschüsse“ in diesem Fall abgewiesen worden waren.

März:

  • Am 3. 3.1874 veröffentlicht die kaiserliche Telegrafphen-Direktion aus Berlin eine Anzeige zur Besetzung der neuen Langeooger Telegraphenstation. Im Interesse der Kurgäste, die wegen ihrer gehobenen beruflichen Stellung auf schnelle Kommunikation auch im Urlaub angewiesen sind, soll es künftig möglich sein, Telegramme auf der Insel aufzugeben und zu empfangen. Im Herbst des Jahres übernimmt der Matrose und Kaufmann Heye Broers nach entsprechender Einweisung diese Agentur.

  • Am 5.3.1979 läuft bei der Meyerwerft in Papenburg der Rohbau der Langeoog III vomStapel. 17 Tage später wird das Schiff von der Schiffswerft Julius Diedrich in Oldersum an die Schiffahrt der Inselgemeinde Langeoog übergeben. Genau wie das wenig später fertiggestellte Schwesterschiff Langeoog IV kann das 495 BRT-Schiff im Winter 500, im Sommer 800 Passagiere befördern und erreicht mit zwei 726 PSe-Motoren eine Geschindigkeit von 12 Knoten.

  • Am 14. 3. 1824 schreibt der Langeooger Lehrer Tjark Eiben Gerdes zum wiederholten Mal an die vorgesetzte Behörde in Esens. Sein Anliegen: Er wünscht eine 'Gehaltserhöhung', da das Schulgeld der ca. 20 Insulanerkinder für seinen Lebensunterhalt nicht ausreicht. Die Regierungsvertreter sehen das auch grundsätzlich ein, zögern aber aus zwei Gründen mit der Bewilligung: Zum einen halten sie Gerdes nicht für geeignet, zumal er keine Lehrerausbildung genossen hat. Zum andern würde das Langeooger Schulgeld höher ausfallen, wenn sich an der Lehrerumlage tatsächlich, wie es der Vertrag vorsieht, alle Insulaner beteiligten und nicht bloß die Eltern schulpflichtiger Kinder.

  • Am 30.3.1824 schreibt Fürst Georg Albrecht zu Ostfriesland an den dänischen König Friedrich IV, dem zu der Zeit auch Helgoland untersteht. Der Fürst möchte eine Gruppe von Helgoländern auf der seit der Weihnachtsflut von 1717 menschenleeren Insel Langeoog ansiedeln, damit dort die Dünenbepflanzung und -befestigung weitergeht und das Strandgut zugunsten des Hofes in Aurich geborgen wird und nicht holländischen Fischern in die Hände fällt. Aber der König will die erfahrenen Lotsen nicht ziehen lassen, die mit ihrem Beruf für seine Staatskasse eine wichtige Einnahmequelle darstellen.

April:

  • Am 2. 4. 1959 legt der Kirchenvorstand seinen „Bericht über die Abnahme des Um- und Erweiterungsbaus der Inselkirche Langeoog“ vor. Einige Arbeiten stünden noch aus (z.B. der Einbau eines elektrischen Läutewerks im Kirchturm sowie zusätzliche Antependien für den Altarraum). Dennoch sei die Bausumme gegenüber dem Voranschlag „nicht unerheblich überschritten“ worden. Architekt Dr. Hans Eschebach könne dies aber erklären. Der Kirchenvorstand habe deshalb „die Zuversicht, für die unverschuldeten und unvermeidlichen Mehrkosten eine kostendeckende finanzielle Hilfe aus zentralen Mitteln zu erhalten“.Die im Jahr 1890 fertiggestellte Inselkirche wurde in den Jahren 1957 - 1959 mit Rücksicht auf den stark gestiegenen Fremdenverkehr auf Langeoog um fast die Hälfte bis hart an die Leichenhalle verlängert.

  • Am 10. 4.1919 erhält der 22jährige Rudolf Johannes Heinrich Reimers aus Finkenwerder sein Patent als Schiffer auf kleiner Fahrt. Schon ein halbes Jahr später endete seine Fahrt mit dem Fischkutter „Justitia“ auf einer Sandbank vor Langeoog. In einer dramatischen Rettungsaktion wurde die vierköpfige Mannschaft bei hartem Ostwind und Schneetreiben vom Langeooger Rettungsboot „Reichspost“ gerettet. Auslöser der Rettungsfahrt war der Gastwirt Gustav Ostermann, den es trotz des Wetters nicht hinterm Ofen hielt, weil seine Schafe ausgebrochen waren.

  • Am 16.4.1940 meldet der Wittmunder Landrat dem Regierungspräsidenten in Aurich stolz: "Die Städte Esens und Wittmund sind judenfrei!" Der Landkreis Wittmund wurde bereits 1924 - damals als erster und einziger in Deutschland - von einer NSDAP-Mehrheit regiert.

  • Am 30. 4. 1939, wird die spätere Langeoog III zum zweiten Mal für den Kriegsdienst umgerüstet. Das 1901 für die Route Hamburg-Harburg gebaute Schiff wurde bereits von der kaiserlichen Marine konfisziert und kam später, nach längerem Umweg über verschiedene Umbauten und Einsätze,am 16.Mai 1950 nach Langeoog. 1976 wurde das Fährschiff weiterverkauft und hat sich inzwischen, wieder nach abenteuerlichen Verwandlungen, erneut aufs Süßwasser zurückgezogen: In Strängnäs am Mälarnsee dümpelt die frühere Langeoog III jetzt als Restaurantschiff 'Visholmen'.

Mai:

  • Am 14.5.1923 wird die Jagd auf Langeoog in einer Versteigerung neu verpachtet. Waren es bis dahin einflußreiche Persönlichkeiten vom Festland, die von der Regierung die Jagdrechte für geringes Entgeld zugesprochen bekamen - vom Curator des Loccumer Klosters, Dr. Friedrich Wilhelm Barkhausen bis zu Carl Friedrich Eucken aus Dornum - so ersteigern nun drei Langeooger für teure Roggenwerte (als Ersatz für das schwindsüchtige Geld) die Jagdrechte: Dr. Willrath Dreesen, Heinrich Wilhelm Janssen und Fritz Wagner. Für die 1717 ha große Pachtfläche werden 115 Zentner Roggenwerte gezahlt, das entsprach etwa 345 $. Der Dollarkurs lag übrigens in diesem Jahr bei 4,2 Billionen Mark.

  • Am 17. 5. 1874 wird vom preußischen Staat das im Wesentlichen bis heute gültige Strand­recht erlassen. Die Ursprünge dieser Rechtssetzungen gehen allerdings bis ins römische Recht zurück. Bis zur letzten Jahrhundertwende spielte die Bergung des Strandguts für die Küsten- und vor allem für die Inselbewohner eine existentielle Rolle. Denn die Boote und Schiffe mußten sich damals auf ihrem Weg zu den großen Häfen Bremen und Hamburg noch weitgehend an den Leuchtfeuern entlang der Nordseeküste orientieren. Dabei wurde den noch überwiegend aus Holz gebauten Schiffen nicht selten eine der zahlreichen, sich ständig versetzenden Sandbänke zum Verhängnis.

  • Am 31.5. 1939 beginnt in Langeoog die erste deutsche Seebädersporttagung unter maßgeblicher Beteiligung des Reichsfremdenverkehrsamtes und des Reichssportamtes. Kurdirektoren und andere Verantwortliche des Fremdenverkehrs von Nord- und Ostsee absolvierten vormittags im Lesesaal ein vielfältiges Vortragsprogramm, nachmittags versammelte man sich auf dem neugeschaffenen Strandturnplatz zu praktischen Übungen.

  • Am 31.5. 1979 beschließt der Kirchenvorstand eine neue Friedhofsordnung. Die Preise für eine Einzel- bzw. Doppelgrabstelle werden denen auf dem kommunalen Dünenfriedhof angeglichen, der gesamte Friedhof wird neu vermessen und ein entsprechendes Kataster angelegt. Die Umrandungen der einzelnen Grabstellen, die vereinzelt völlig willkürliche Maße aufweisen, werden in der Folgezeit Stück für Stück begradigt.

Juni:

  • Am 1.6.1699 protokolliert das für Langeoog zuständige Amt in Esens eine Befragung des Inselpastors Christian Bötker, die Aufschluß über Beschwerden der Insulaner geben soll. Warum Bötker sich so häufig von der Insel entferne. Antwort: Er habe seine Familie wegen der "gantz unbrauchbaren" Wohnung in Westaccumersiel unterbringen müssen, "welche er dann und wann besuche, sie zu versorgen; sonsten versäume er gar nicht sein Ambt, sondern predige und lehre zu rechter Zeit".
    Frage nach den näheren Umständen einer bekanntgewordenen "Ungebührlichkeit" in Westaccumersiel am Sonntag Jubilate. Antwort: "Der Pöbel und der Haufe" hätten um sein Haus herumgechrieen und ihn bedrängt. Und als er herausgekommen, habe man ihn "für einen Quacker gescholten". Warum? Er wisse keinen andern Grund, "als weil er sich bemüht, nach dem Willen des H. Gottes zu wandeln". Anstifter der Unruhen seien wohl "einige gottlose Prediger" in der Nachbarschaft, besonders in Nesse und auf Spiekeroog.
    Warum er seinen Gemeindegliedern das Abendmahl verweigere. Antwort: "Weil er sie bey ihrem rihen und wüsten Zustande nicht zum Abednmahl lassen wolle" Man dürfe "das Heiligthumt nicht den Hunden geben" (Matth 7,6).

  • Am 3.6.1939 endet die erste Seebädersporttagung, zu der zahlreiche Kurdirektoren und andere Funktionäre des Fremdenverkehrs unter maßgeblicher Beteiligung des Reichsfremdenverkehrsverbandes und des Reichssportamtes für eine Woche auf Langeoog zusammengekommen waren. Auf dem Programm standen Vorträge, die im Lesesaal des Rathauses (heute Sitzungssaal) gehalten wurden, sowie praktische sportliche Betätigung auf dem neu geschaffenen Strand-Turnplatz.

  • Am 6.6.1823 erstattet der Esenser Bau-Inspector Börner seiner vorgesetzten Behörde in Aurich Bericht über seine jüngste Langeoog-Bereisung . Die Helmpflanzungen des Vorjahres und das Setzen von Weiden, so wird referiert, seien ein "vortrefflicher Erfolg" und "manche Schlucht ist schon dadurch für das Eindringen des See-Wassers, wenn nicht besondere Unglücksfälle eintreten, gesichert."

  • Am 7.6.1948 kündigt ein Pastor aus Neuhaus an der Elbe seine bevorstehende Ankunft als Kurpastor auf Langeoog an und läßt damit ein interessantes Licht auf die Anfänge dieses Dienstes in den Nachkriegsjahren fallen. Neben der Abmeldebestätigung für Lebensmittelmarken - sie berechtigt ihn, am Urlaubsort neue Karten zu beziehen - will der "arme Ostflüchtling" auch "eine Flasche Schnaps und vielleicht einen halben Zentner Roggen" mitbringen. Beides gedenkt er auf Langeoog als Tauschobjekt gegen andere Lebensmittel einzusetzen. Die Unterbringung ist, wie in jenen Jahren üblich, im Hospiz vorgesehen.

  • Am 11.6.1939 tritt auf in Langeoog eine Luftschutzverordnung in Kraft, die Verdunklungsmöglichkeiten für die Wohnräume und Selbstschutzgeräte für den Brandfall vorschreibt. "Jeder Deutsche ist nicht nur wehrpflichtig, sondern auch luftschutzpflichtig", lautet die Parole, mit der die Bevölkerung schrittweise auf den Beginn des Kriges vorbereitet wird.

  • Am 15.6.1749 bestätigt Friedrich der Große in einer Kabinettsorder die besonderen Rechte der Familien, die sich seit den Verwüstungen der Weihnachtsfluten von 1717 und 1721 auf Langeoog um die Wiederbesiedlung bemühen. Sie genießen Steuerfreiheit und unbeschränkte Nutzung der Grünflächen auf dem Westteil der Insel.

  • Am 19.6.1699 wird Pastor Cramer, Nesse, vom Superintendenten in Esens über seinen ins Gerede gekommenen Kollegen Bötker aus Langeoog befragt. Cramer leugnet, jemals abfällig über Bötker geredet zu haben, wer das behaupte, müsse ihn falsch verstanden haben. Er habe mit Bötker nur zweimal gesprochen: Einmal, weil er gehört hatte, Bötker wolle nach Westaccumersiel wechseln - was dieser bestritt - ein andermal, weil er dessen Ansicht über 1.Kor 15 (Thema: Auferstehung - die Red.) wissen wollte. Darauf habe Bötker geantwortet, mit dem Verstehen dieses Textes tue er sich noch schwer und er wolle sich hierzu demnächst fachkundigen Rat holen.

  • Am 20.6.1979 wird die Langeoog IV von der Oldersumer Schiffswerft Julius Diedrich an die Schiffahrt der Inselgemeinde Langeoog ausgeliefert. Je 6 Mill. DM mußten für dieses und das baugleiche Schwesterschiff Langeoog III ausgegeben werden. Außerdem wurden die Häfen in Bensersiel und Langeoog mit entsprechenden Hubbrücken ausgerüstet. Damit ist die Langeooger Flotte komplett und den stark gestiegenen Fahrgastzahlen auf der Strecke Bensersiel - Langeoog auch in Spitzenzeiten gewachsen.

  • Am 25.6.1899 können Kapitän Johann Schrieber und Frau Emilie geb. Otten als Paten für ihren dritten Sohn Wilhelm keinen geringeren als Kaiser Wilhelm II. aufbieten. Ehrfurchtsvoll vermerkt Inselpastor Otto Harms bei der Eintragung ins Kirchenbuch: "Zur Eintragung des Namens Seiner Majestät in das Kirchenbuch ist Genehmigung erteilt, laut Benachrichtigung seitens des Regierungspräsidenten de dato Aurich, den 10. Juni 1899".

    Wie es zu dieser besonderen Patenschaft in der Langeooger Inselkirche kam, geht aus den spärlichen Unterlagen nicht hervor. Eine routinemäßige Patenschaft wie heutzutage bei jedem 7. Kind einer Familie durch den Bundespräsidenten kommt nicht in Frage, da Wilhelm zwar mindestens 6 Geschwister hatte, die meisten aber erst nach ihm geboren (und getauft) wurden. Denkbar wäre, daß der Vater vielleicht durch seinen Dienst auf einem bestimmten Schiff zu dieser Ehre kam. Oder der Geburtstag des kleinen Wilhem, der 27.3. 1899, fiel mit einem besonderen Datum zusammen, das zur Übernahme des Namens und der Patenschaft berechtigte.

  • Am 28.6.1939 weist der Reichsminister der Luftfahrt und Oberbefehlshaber der Luftwaffe alle Kirchen darauf hin, daß im Rahmen einer Luftschutzvorsorge die Böden zu entrümpeln sind und Vorsorge für die Sicherung von Kunstschätzen getroffen werden muß. Der Beginn des Krieges ist offenbar nur noch eine Frage der Zeit. Auf Langeoog gab es nichts zu entrümpeln oder zu sichern. Die Inselkirche büßte durch die Kriegsereignisse lediglich ihren Pfarrer ein, der zeitweise ans Festland beordert wurde. Außerdem gingen in den Nachkriegswirren die (bescheidenen!) Kronleuchter verloren.

Juli:

    • Am 5.7.1939, verfügt die Regierung: "Juden dürfen in Deutschland nur noch dann zur Kur, wenn sie in streng separierten Pensionen untergebracht werden können, in denen kein weibliches Personal unter 45 Jahren tätig ist. Kurgärten, Kurkonzerte, Sportplätze, Gaststätten, Lesesäle, Schwimmbäder usw. dürfen von jüdischen Kurgästen nicht betreten werden".

      Ob, und wenn ja, welche Auswirkungen diese diskriminierende Verordnung auf Langeoog hatte, ist nicht bekannt. Tatsache ist, daß Langeoog bevorzugter Austragungsort für große Zeltlager der Hitlerjugend war. Die Propagandaschrift des NS-Lehrerbundes "Hitlerjungen auf Langeoog' fand in norddeutschen Gymnasien weite Verbreitung. Tatsache ist aber auch, daß mehrmals in den dreißiger Jahren geheimgehaltene Freizeiten für jüdische Kinder und Jugendliche aus Halberstadt unbemerkt am Ostende Langeoogs durchgeführt wurden.

       

    • Am 18.7.1919 beschwert sich ein Langeooger Kurgast bei der vom Kloster Loccum verantworteten Kurverwaltung über die neue Regelung des "Familienbades". Ihm sei das Baden völlig verleidet, wenn am Herren-Badestrand auch Damen baden dürften. Der Beschwerdeführer, immerhin Hannoverscher Bürgermeister a.D., verschreckt die zuständigen Herren im Hannoverschen Landeskirchenamt als Vertreter des Klosters Loccum derart, daß die Neuordnung zurückgenommen wird. Am 31.7. wird dann aber endgültig die traditionelle Trennung von Herren- und Damenstrand - mit einem "neutralen Strand" dazwischen, auf dem sich beide Geschlechter in sommerlicher Kleidung begegnen durften - auf Langeoog aufgehoben.

    • Am 22.7. 1939 findet die erste Langeooger Segelregatta im Wattenmeer unterhalb der Insel statt. Der neue Kriegshafen bietet auch in dieser Hinsicht neue Möglichkeiten.

    • Am 26.7.1979 referiert Heinz Zahrnt in der Langeooger Inselkirche über "sein" Thema: "Warum ich an Gott glaube". In seinen Ausführungen setzt er sich sowohl mit dem praktischen Atheismus vieler Kirchenmitglieder wie mit dem theologischen Denkmodell eines Christentums ohne Gott kritisch auseinander, ohne dabei einer vorwissenschaftlichen Religiosität das Wort zu reden. Zahrnt propagiert eine Gottesvorstellung, die auch und gerade einem aufgeklärt-kritischem Denken Rechnung trägt und standhält.

 

August:

  • Am 6.8.1900 beschließt der Langeooger Kirchenvorstand unter Vorsitz von Inselpastor Otto Harms: „Anstelle der jetzigen, als baufällig abzubrechenden Scheune soll ein Anbau errichtet werden gemäß der von dem konsistorialen Baumeister entworfenen Zeichnung mit einem anschlagsmäßigen Kostenaufwand von 7742 M 10 Pf. Falls die Baukosten ganz oder teilweise von der Kirchengemeinde getragen werden müssten, sollen die Baugelder auf dem Wege der Anleihe beschafft werden.“

  • Am 8.8.1900 berichtet Rechnungsrat Bork auf Anfrage des Loccumer Curators Friedrich Wilhelm Barkhausen über Klagen des Meiereiverwalters, was das Benehmen von Hospizgästen auf seinem Hof betrifft, der damals als Zuliefererbetrieb für das Inselhospiz fungierte. „Es sei vorgekommen, daß Gäste ihm seine Schlafstube beschmutzten, indem sie ohne weiteres mit ihren Kindern eindrangen; sie schalteten mitunter im Hause, als ob sie darin zu gebieten hätten“

  • Am 11.8.1923 setzt der Langeooger Kirchernvorstand den neuen Jahreshaushalt für die kleine Inselgemeinde "vorläufig" mit 200 Millionen an. Daß sich die Summe gegenüber der Vorkriegszeit um ganze fünf Nullen vergrößert hat, ist nicht das Ergebnis eines unverhofft ausgebrochenen Reichtums, sondern Ausdruck der galoppierenden Inflation in Deutschland.

  • Am 22.8.1940 kommen 250 französische Kriegsgefangene nach Langeoog. Das Lager in Langeoog war für solche Gefangene bestimmt, die wegen Widerstandes, Ausbruchsversuchs oder anderer Vergehen in anderen Lagern aufgefallen waren. Auf Langeoog sollen sie die deutschen Arbeitsdienstler beim Flugplatzbau ersetzen, weil diese inzwischen für den Militärdienst gebraucht werden.

  • Am 27.8.1940 erläutert das Landeskirchenamt in Hannover in einer Verfügung den Pfarrämtern, wie sie sich bei den neuerdings möglichen „Ferneheschließungen“ zu verhalten haben. Bei manchen der Beteiligten bestehe das „Bedürfnis, der Fürbitte und des Segens der Kirche für ihre Ehe irgendwie vergewissert zu werden“. Es wird festgestellt: Für die Männer, in der Regel Soldaten, sei die Militärseelsorge verantwortlich. „Das Heimatpfarramt wird sich der Frau besonders seelsorgerlich anzunehmen haben.“ Das dabei notwendige seelsorgerliche Gespräch habe u.a. auch den Verdacht einer Scheinehe auszuräumen. Am Ende könne es zu einer „feierlichen Handlung“ vor dem Altar der Kirche oder im Amtszimmer mit Gebet und Segen kommen, „der Eindruck der Trauung“ sei aber „unbedingt zu vermeiden“. Es folgt ein möglicher Gebetstext.

  • Am 28.8.1723, weist König Friedrich von Dänemark seinen Kommandanten Ölsen auf Helgoland an - die Insel ist zu dieser Zeit dänisches Territorium - auf jeden Fall zu verhindern, daß eine Gruppe von Insulanern unter Führung des Jacob Jacobsen nach Langeoog umzieht. Die Helgoländer hatten am 21.6.d.J. der fürstlichen Verwaltung in Aurich angeboten, auf der seit 1721 menschenleeren Insel zu siedeln, was diese im Interesse des Küstenschutzes und der Einbringung des Strandgutes in die Staatskasse sehr begrüßt hatte. Jacobsen kommt zwar trotz des Verbots anfang September auf Langeoog an, kann sich dort aber nicht lange halten.

  • Am 29.8.1900 ergänzt der Kirchenvorstand seine Entscheidung vom 6.8. dahingehend, daß die vorhandene Pfarrscheune, die dem Pfarrhausanbau weichen muß, an „einem noch festzustellenden öffentlichen Termine .. zum Abbruch“ verkauft werden soll. Goldene Zeiten, als man seinen Bauschutt nicht, wie heute, für teures Geld ans Festland verschiffen, sondern sogar noch meistbietend verkaufen konnte. Die Vergabe des Neubaus erfolgte ebenfalls auf aus heutiger Sicht ungewöhnlichem Wege: Der Kirchenvorstand beschloß, „die Bauausführung in einem Lose zu vergeben und etwaige Reflektanten aufzufordern, ihre Offerten bis zum 7. September einzureichen - also eine „öffentliche Ausschreibung“ für „ein schlüsselfertiges Haus“ innerhalb von 8 Tagen!

September:

  • Am 4.9.1898 notiert der junge Inselpastor Otto Harms in seinem ersten Visitationsbericht: "Fleiß, Sparsamkeit und Ehrlichkeit lassen (in der Gemeinde) nicht zu wünschen übrig. Sehr betrübend dagegen ist, daß in der Gemeinde sich drei notorische Trunkenbolde befinden, doch ist ihre Zahl gegen früher geringer geworden." Mit dieser hoffnungsvollen Aussicht spielt Harms offenbar auf Berichte seines in den sechziger Jahren auf der Insel wirkenden Vorgängers Peter Friedrich Ludwig Hoffmann an, der an seine Vorgesetzten geschrieben hatte: "Hauptcharakterzug der Langeooger ist rohe Sinnlichkeit, die sich kund thut in allgemeiner, starcker Trunksucht unter Männern und Weibern...".

  • Am 5.9.1960 bedankt sich der Leiter der Langeooger Realschule, Lauterbach bei der Kirchengemeinde für die leihweise Überlassung von 20 Religionsbüchern für den evangelischen Religionsunterricht. Nach vier Jahren seien die Bücher allerdings so verschlissen, daß man sie habe aussortieren müssen. Die Schule wäre angesichts kanpper Kassen für Ersatz dankbar.Probleme ganz anderer Art hat Pastor Heinrich von Osten mit dem Leiter des Nordseegymnasiums, Heine. Dieser war offenbar der Auffassung, in den Klassen 8 bis 13 könne der fehlende Religionsunterricht durch Deutsch und Geschichte „ersetzt“ werden; das seien schließlich auch „Weltanschaungsfächer“. Pastor v.Osten bietet stattdessen an, bei der Suche nach einem geeigneten Religionslehrer behilflich zu sein.

  • Am 11.9.1850 versammeln sich im Wirtshaus der Witwe Tjarks auf Langeoog (heute Bahnhofskiosk) 22 Familienväter, um über die Zukunft der Inselgemeinde zu beraten. Sie stimmen dem Vorschlag der Behörde in Esens zu und zeichnen zusammen 40 Reichthaler als jährlichen Beitrag zum Gehalt eines Predigtamtskandidaten, der auch als Lehrer fungieren soll. Das Ende der 130jährigen Unselbständigkeit Langeoogs als Kommune und Kirchengemeinde nach der verheerenden Weihnachtsflut von 1717/1720 war eingeläutet.

  • Am 15.9.1948 endet die erste Phase der dänischen "Besatzung" auf Langeoog: Etwa dreihundert dänische Soldaten hatten im Austausch für alliierte Kontingente 4 Monate lang in einem Zeltlager an der Gartenstraße kampiert, um im Zuge eines Manövers bei der Demilitarisierung zu helfen. Da sie fast alle deutsch sprachen, bahnten sich rasch Kontakte zu den Insulanern an. Im Sommer 1949 wurde das erfolgreiche Experiment wiederholt.

  • Am 17.9.1973, teilt das Landeskirchenamt dem Langeooger Kirchenvorstand mit, daß 270.000,- DM aus Landverkäufen auf der Insel vorerst nicht zum Bau des geplanten Mitarbeiterhauses verwendet werden dürfen. Grund: Es sei "keine ausreichende Ersatzlandbeschaffung durchgeführt" worden. Die Langeooger reagieren empört: Die vorgesehene Finanzierung "in einer Höhe der Eigenbelastung, wie diese in der ganzen Landeskirche sicher einmalig ist" versuche die Kirchengemeinde schließlich lediglich ihrer Pflicht nachzukommen, die Langeoog-Urlauber angemessen kirchlich zu betreuen, betont Inselpastor Heinrich von Osten. Der Kirchenvorstand wisse, daß für jeden verkauften Quadratmeter Kirchenland an anderer Stelle Land in entsprechender Größe gekauft werden müsse und werde das auch tun. Aber der Bau müsse wegen des sommerlichen Bauverbots auf der Insel unbedingt pünktlich im Herbst beginnen. Der Protest hat Erfolg.

  • Am 27.9.1773, gibt die "Königliche Preußisch-Ostfriesische Kriegs- und Domainen-Cammer" in Aurich an die "Rentey zu Esens" eine Ausschreibung weiter mit dem Auftrag, sie "von denen Cantzeln und sonst dienlichen Orten wie auch dem jetzigen Pächter Röbe Eyben bekannt mach zu laßen": "Da die Pacht-Jahre des OstEndes der Insul Langeoog nebst dem Caninchen-Fang daselbst künftigen Trinit(atis = Sonntag nach Pfingsten. Anm. der Red.) zu Ende gehen, so wird zu deßen anderweitiger Verpachtung terminus licitationis (Termin für ein gebot) auf den 8ten October nächstküünftig hierdurch angezeiget, an welchen Tage des Vormittages um 9 Uhr die Liebhaber sich hieselbst auf der Königl. Krieges- und Domainen-Cammer einfinden und nach Gefallen pachten können." Der Kaninchenfang galt in jenen Jahren auf den Inseln als wichtige Einnahmequelle, da die Felle auf dem Markt in Amsterdam gute Preise erzielten. In Langeoog war er ein ständiger Zankapfel zwischen den Pächtern des Ostendes und den Bewohnern des Westdorfes. Denn das Fleisch der Tiere bildete für die arme Bevölkerung des Westdorfes eine wichtige Nahrungsgrundlage.

Oktober:

  • Am 25.10.1898 beschließt der Langeooger Kirchenvorstand den Haushalt 1898, der in Einnahmen und Ausgaben mit 1000 Mark festgesetzt wird. Zur Deckung wird eine Umlage von 450 Mark errechnet, die am 9. November gehoben werden soll, offenbar in Form von Barzahlungen. Die Kirchensteuer wurde damals, im Prinzip ähnlich wie heute, als Prozentsatz von den staatlichen Steuern gehoben, allerdings mit dem Unterschied, daß die Kirchenvorstände Einblick in die Steuerlisten hatten und die Höhe des Prozentsatzes von Ort zu Ort und manchmal auch von Jahr zu Jahr verschieden sein konnte.

  • Am 1.11.1973, erhalten die katholischen Christen auf Langeoog den Status einer selbständigen Kirchengemeinde. Eine regelmäßige pastorale Betreuung gab es bereits seit 1946 im Blick auf den Zuzug von Flüchtlingsfamilien und die Gründung des Caritasaltersheims, heute 'Haus Wittdün'. 1962 konnte mit dem Bau der Nikolauskirche begonnen werden, die allerdings bis 1973 der Gemeinde wegen zahlreicher Baumängel wenig Freude machte. Heute ist die kath. Gemeinde infolge der herrschenden Personalnot ohne eigenen Priester und wird von Esens aus mitversorgt.

Dezember:

  • Am 7.12.1923 geht auf Langeoog eine dreitägige Treibjagd zuende, durchgeführt vom neuen Jagdverein, mit dessen Gründung die Verantwortung für die Inseljagd erstmals in ihrer Geschichte an Langeooger Bürger gefallen war. Die 16 Jäger, darunter zwei Gäste vom Festland, erlegten 268 Hasen.

  • Am 9.12.1773 meldet der Domänenrat in Esens - offensichtlich erleichtert - an seine vorgesetzte Stelle in Aurich: "Der Pächter des OstEndes der Insul Langeoog (gemeint ist Röbe Eyben) hat sein Engagement wegen des neu zu erbauenden Hauses im nächst abgewichenen Sommer dergestalt erfüllet, daß er würklich ein gutes mit Englischen Fenstern geziertes Hauß, so aus einer Cammer, Küche und AufCammer (besteht), worunter ein Keller befindlich, nebst einer Scheune daran, erbauet hat."

    Der Bau eines festen Hauses war damals der von der Regierung geforderte Beweis, daß es ein Siedler auf der Insel ernst meinte - und immer wieder ein Zankapfel, weil es den Betroffenen oft am nötigen Geld fehlte. Der Regierung lag an einer kontinuierlichen Besiedlung, weil nur so eine Sicherung der Insel (Helmpflanzung; Fangzäune für den Flugsand usw.) gewährleistet war.

  • Am 24.12.1948 wird Lale Anderson durch eine festgefrorene Fähre daran gehindert, Langeoog in Richtung München zu verlassen, wo ihre Söhne das Internat besuchen. "So saß ich dann am Heiligen Abend unvorbereitet, ohne Kerzen und Baum, in meinem leeren Haus und war ziemlich melancholisch. Plötzlich glaubte ich einen zarten Engelchor zu hören... Es dauerte ein paar Sekunden, bis ich merkte, dass die Stimmen von draußen kamen. Dort standen etwa 20 Langeooger Dorfkinder mit Laternen und Rotgefrorenen Bäckchen und sangen für mich." Lale holte die Kinder ins Haus und teilte mit ihnen die vergeblich eingepackten Süßigkeiten "und in der Nacht gingen wir dann noch alle zusammen über die Dünen zur Weihnachtsmette. Ich habe viele schöne Feste erlebt - aber keines, das mir so unvergesslich blieb..."

 

 

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